Elf Jahre Partnerschaft – Winfriedschüler zu Gast am JohanneumVon: Christian Pießnack Man kann es schon fast als eine lange Tradition bezeichnen, denn zum nunmehr elften Mal waren Schülerinnen und Schüler einer neunten Klasse der Winfriedschule Gast am christlichen Gymnasium der Stadt Hoyerswerda (Sachsen), dem Johanneum. Ursprünglich als Projekt der F.A.Z. Mitte der 90´er Jahre ins Leben gerufen, existiert die enge Partnerschaft der beiden Schulen nun bereits mehr als ein Jahrzehnt – auch mittlerweile ohne Patenschaft durch eine der großen überregionalen Tageszeitungen in Deutschland. Mit dem Ziel, mehr über die Oberlausitz und deren Menschen zu erfahren, machten sich am Montag, dem 09. Juni 2008, 19 Schülerinnen und Schüler der Klasse 9F1 sowie deren Lehrer, Stud.Ref.´n Valeska Normann und StR Christian Pießnack, auf den Weg nach Hoyerswerda. Große Bauchschmerzen musste hierbei niemand haben, denn alle wussten, bei wem sie Gast sein würden; besuchten doch die Schüler der Klasse 9b des Johanneums die Barockstadt bereits im März. So war die Freude auf das Wiedersehen ständiger Begleiter der langen Fahrt nach Sachsen. Ein herzlicher Empfang und große Wiedersehensfreude erwarteten die jungen Fuldaer in Hoyerswerda und es wurde keine Zeit verschenkt, gleich etwas über die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Erfahrung zu bringen. Durch kompetente junge Stadtführer geleitet erfuhr man erste wichtige Informationen über Hoyerswerda und konnte sich ein kleines Bild über die recht junge Stadt in der Oberlausitz machen, welche zu DDR-Zeiten zumeist von Arbeitern der umliegenden Braunkohlereviere bewohnt wurde. Letztes Etappenziel für den ersten Besuchstag war das Johanneum. Hier erwartete alle eine lang ersehnte Erfrischung und nach der Begrüßung durch den Schulleiter, Herrn Kiefer, stand eine kleine Besichtigung der sehr modernen und architektonisch ungewöhnlichen Schule an. Die Schülerinnen und Schüler zeigten sich besonders von der offenen Gestaltung und den Licht durchfluteten Räumen beeindruckt. Ein großes Highlight stellte für die Schüler die Exkursion nach Dresden am Dienstag dar. Auch hier wurden die Gäste aus Fulda zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten geleitet und konnten durch die sehr gut informierten Gastgeber aus Hoyerswerda viele beeindruckende Informationen über die sächsische Landeshauptstadt erfahren. Nachdem die Frauenkirche, die Semperoper, der Zwinger sowie die Kasematten, die alte Dresdener Festung, in Augenschein genommen wurden, gab es viel Zeit, die Stadt noch auf eigene Faust zu erkunden und das brillante Wetter an der Elbe zu genießen. Doch nicht nur die Geschichtsinteressierten kamen auf ihre Kosten, denn der Mittwoch bot gerade den Naturwissenschaftlern interessante Einblicke in die Funktionsweise eines Braunkohlekraftwerkes. Beim Besuch eines der modernsten Kraftwerke Deutschlands in Schwarze Pumpe erfuhren die Schülerinnen und Schüler nicht nur viel Wissenswertes über die energetische Nutzung des in der Lausitz reichhaltig vorkommenden Rohstoffs Braunkohle, sondern wurden auch mit den Problemen konfrontiert, die dieser Rohstoff für die Natur und vor allem für die Menschen mit sich bringt. So erfuhren die hessischen Gäste u.a., dass zahlreiche Gebiete der Ober- und Niederlausitz der Braunkohle zum Opfer fielen und es perspektivisch auch in den nächsten Jahrzehnten so sein wird. Sehr beeindruckend war in diesem Zusammenhang der Besuch der so genannten IBA-Terrassen im Anschluss an die Kraftwerksbesichtigung. Hier bot sich ein interessanter Ausblick auf die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entstehende riesige Seenlandschaft, deren Grundlage die ausgekohlten Tagebaulöcher sind. Was einmal eine touristische Oase sein wird, mutet derzeit noch wie eine Mondlandschaft an. Der vorletzte Tag des Schüleraustausches stand ganz im Zeichen der Begegnung mit der jüngsten Geschichte Deutschlands. Höhepunkt der Fahrt nach Bautzen war neben der Stadtführung die Besichtigung des ehemaligen Gefängnisses des Ministeriums für Staatssicherheit (Bautzen II), welches von 1956 bis zum Dezember 1989 in Betrieb war und in welchem zumeist völlig Unschuldige langjährige Haftstrafen absitzen mussten. Besonders betroffen waren die hessischen Gäste von den menschenunwürdigen Haftbedingungen sowie von den Methoden des Strafvollzuges und auch davon, dass im Laufe der traurigen Geschichte des Stasi-Gefängnisses ebenso etwa 700 Bürger der Bundesrepublik Deutschland dort einsaßen, weil ihnen bspw. „Beihilfe zum Menschenhandel“ oder Spionage vorgeworfen wurde. Den Schülerinnen und Schülern bot sich durch die sehr anschauliche und auf persönlichen Schicksalen beruhende Führung ein sehr tiefer Einblick in das Gebaren der ehemaligen DDR mit jenen, die sich anmaßten die unrechtsstaatliche Politik oder ihre fehlende Freiheit anzuprangern. Um die gewonnenen Eindrücke verarbeiten zu können, bot ein Projektunterricht am Freitagvormittag die Gelegenheit, sich gemeinsam auszutauschen. Kompetenter Gesprächspartner war hierbei der ehemalige Superintendent Friedhart Vogel, welcher in den 80´er Jahren als Gefängnisseelsorger in Bautzen tätig war. Neben den sehr vielfältigen und teilweise auch persönlich ergreifenden Erfahrungen, welche von den hessischen Schülerinnen und Schülern während des fünftägigen Aufenthaltes in der Oberlausitz gemacht werden konnten, stand zu jeder Zeit der persönliche Kontakt mit den Austauschpartnern aus Hoyerswerda und den Gasteltern im Zentrum. So wurde die freie Zeit für vielfältige Aktivitäten in den Gastfamilien genutzt und die Lausitz, aber vor allem ihre Menschen konnten etwas besser kennen gelernt werden. Daraus resultiert dann auch die einhellige Meinung der Schülerinnen und Schüler der Winfriedschule, dass die nach fast 18 Jahren Deutscher Einheit immer noch vorherrschenden Ressentiments völlig unbegründet sind und die alten sowie neuen Bundesländer endlich auf dem rechten Weg sind, EIN Deutschland zu werden. Beide Seiten sprachen sich zu guter Letzt dafür aus, dass die enge Partnerschaft zwischen dem Johanneum und der Winfriedschule in den kommenden Jahren unbedingt fortgeführt werden sollte, um noch mehr Jugendlichen aus Sachsen und Hessen bleibende Eindrücke und Erfahrungen zu ermöglichen. | |
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