KulturSchule im interreligiösen Dialog21.02.2017 20:40
Von: Raimund Roth Besuch der Klasse 6 in der Synagoge in Fulda Im Religionsunterricht wurde das Thema Judentum behandelt. Die wichtigsten Informationen zu der ältesten monotheistischen Religion wurden von den Schülerinnen und Schülern erarbeitet und in Gestalt eines Info-Plakates präsentiert. Einer der Mitschüler wird demnächst seine Bar Mizwa feiern, ein Fest der Mündigkeit im Glauben, vergleichbar mit der Firmung bzw. Konfirmation im Christentum. Dies ist der willkommene Anlass, mit dieser Klasse die Synagoge in Fulda zu besuchen. Solche Begegnungen knüpfen an die Projekte an, die die Winfriedschule als Schule des Trialogs der Kulturen, gefördert von der Herbert Quandt-Stiftung, durchgeführt hat. Ziel ist es, durch persönliche Begegnung und das Gespräch von Menschen der drei großen Weltreligionen, Judentum, Christentum und Islam, zu einem friedlichen Miteinander in Respekt und Freiheit beizutragen. In einer Welt, die immer stärker die Konfrontation betont und zu gewalttätigen Konflikten neigt, wird der Versuch gewagt, religiöse und kulturelle Differenzen als Bereicherung wahrzunehmen
Durch den Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Herrn Melamed werden wir herzlich empfangen und über die aktuelle Situation des jüdischen Gemeindelebens in Fulda informiert. Bei dem Vortrag im Gemeinschaftsraum, werden dann einige grundlegende Merkmale des jüdischen Lebens heute vorgestellt Die Bedeutung der Thora, der Speisevorschriften, der ethischen Prinzipien wie des in Jahrtausenden gewachsenen jüdischen Brauchtums werden lebendig vermittelt. Es gibt reichlich Gelegenheit persönliche Fragen beantworten zu lassen. Der Besuch des kleinen Museums und Archivs stimmte die Gruppe nachdenklich. Die hier aufbewahrten Gegenstände aus der langen Geschichte jüdischen Lebens in Fulda spiegeln auch die Katastrophen und das Grauen wieder, das die einst hier lebenden Fuldaer Juden erlitten haben. Pokale die von den sportlichen Erfolgen jüdischer Sportvereine zeugen, gemahnen gleichzeitig an die Auslöschung des einstiegen jüdischen Lebens. Das angekohlte Türschloss der einstigen Synagoge Fuldas hat auch einen Platz in diesem Museum gefunden. Es wurde von einer Familie, die gerade noch vor der Vernichtung in die USA flüchten konnte als Erinnerungsstück „gerettet“ und vor ein paar Jahren der jüdischen Gemeinde hier wieder für das Museum geschenkt.
Als Abschluss unseres Besuchs versammeln wir uns im eigentlichen Gebetsraum, in der Synagoge. Alle männlichen Besucher respektieren den jüdischen Brauch, aus Ehrfurcht vor Gott, das Haupt zu bedecken und setzen eine Kipa oder eine Mütze auf. Herr Melamed erklärt die Einrichtung der Synagoge: Vorne befindet sich der Schrein, in dem die Thora aufbewahrt ist, auf dem Vorhang stehen die Anfangsworte der Zehn Gebot; es gibt eine besondere Sitzordnung, für Männer und Frauen beim Gottesdienst; Im Gottesdienst spielen das Gebet und die Lesung aus der Thora die wichtigste Rolle.. Da wir das Glück haben, dass einer der Mitschüler bald hier anlässlich seiner Bar Mizwa einen ausgewählten Text aus der Tora, auf Hebräisch, der Gemeinde vorlesen wird, bitten wir ihn, doch schon mal das Lesen vor der Gruppe der Klasse zu probieren. So wird das „Sch‘ma Jissraeil..“, das „Höre Israel“ , das die Einzigkeit Gottes ins Zentrum des Glaubensbekenntnisses stellt, von Jakob auf hebräisch vorgetragen. Dieser Moment bleibt den Klassenkameraden besonders in Erinnerung. Herr Melamed überreicht dem Lehrer, Herrn Roth, noch eine große Packung Mazzot aus Israel. Diese ungesäuerten Brote spielen bei der Pesach Feier, die an den Auszug aus Ägypten erinnert, eine wichtige symbolische Rolle. Alle sind schon begierig darauf zu kosten, wie diese Mazzot wohl schmecken. Aber das heben wir uns für die Abschlussrunde in der Mensa der Schule auf. Auf dem Heimweg verweilen wir noch einmal an der Stelle, an der früher die Synagoge Fuldas stand, die 1938 in der Pogromnacht durch Brandstiftung vernichtet wurde: Heute „Am Stockhaus“. Herr Roth liest kurze Auszüge aus Augenzeugenberichten von damals und erinnert an das Schicksal der jüdischen Bürger Fuldas , die damals in Vernichtungslager deportiert und ermordet wurden. „Das sind ja ganze Familien!“ so der erschütterte Ausruf einer Schülerin als sie die Namenstafel der Opfer an diesem Ort liest.
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